Verein

Am 21. Februar 1984 versammelten sich 54 aufgebrachte Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde in der Gastwirtschaft Benckwitz. Anlass war die Baumfällaktion eines auswärtigen Landwirts aus Nonsfeld bei Kappeln, der kurzerhand 25 kräftige Eichen auf dem an seine Koppel angrenzenden Knick gefällt hatte. Wohl 100 bis 120 Jahre mögen sie alt gewesen sein.

 

Die Empörung darüber war so groß, dass die Versammlung beschloss, einen Naturschutzverein zu gründen, um dadurch einen besseren Zugriff bei derartigen „Verbrechen an der Natur“ – wie die Schleswiger Nachrichten am 8. Februar 1984 einen Börmer Bürger zitierten – zu gewinnen.

 

Als Vorsitzender wurde Hans-Joachim Schoof, Landwirt aus Neubörm, gewählt. Des Weiteren wurden Erika Frahm als Vertreterin der Landfrauen, Klaus Meggers für den Heimatbund, Herbert Engelbrecht für dieBelange der Landwirtschaft, Peter-Volker Block für die Jäger, Hans-Peter Bruhn als Vertreter der Fischer, Klaus-Peter Pingel für die Wasserwirtschaft und Uwe Nagel für die Belange des Naturschutzes und als Schriftführer in den Vorstand gewählt.

 

Nach Eintragung in das Vereinsregister gab es nun den Naturschutzverein Börm e.V., der es sich zu seinem satzungsgemäßen Ziel gesetzt hat, „das vorhandene Landschaftsbild und die vorhandene Artenvielfalt zu erhalten und zu schützen“.

 

25 Jahre nach der Gründungsversammlung konnte anlässlich der Jahreshauptversammlung im Jahre 2009 eine erste Bilanz über die Erfolge und Misserfolge des Vereins gezogen werden.

 

Der nachfolgende Bericht bezieht sich also auf 25 Jahre Naturschutzarbeit und ist ein wahrheitsgemäßes Zeugnis der Veränderungen von Fauna und Flora in unserer Gemeinde. Er zeigt, welche Maßnahmen zum Schutz der Lebensräume und der Lebensbedingungen für Pflanzen und Tiere durch den Naturschutzverein veranlasst wurden, aber er zeigt auch, welche Grenzen derartige Bemühungen haben.

 

Die Landschaft im Gemeindegebiet wird geprägt durch das Nebeneinander von trockenen, ertragsschwachen landwirtschaftlichen Nutzflächen der Schleswiger Vorgeest und feuchten Grünlandflächen der Sorge-Niederung und des Börmer Kooges.

 

Die Artenausstattung dieser bäuerlichen Kulturlandschaft ist in starkem Maße abhängig von den Bewirtschaftungsformen, die sich in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und ganz besonders in den vergangenen 30 Jahren wesentlich verändert haben.

 

Auf Initiative des Naturschutzvereins wurden u. a. Bepflanzungsmaßnahmen durchgeführt, Flächenstilllegungen vorgenommen, es wurden Schutzeinrichtungen für Amphibien erstellt, Gewässer angelegt und umfangreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen unserer heimischen Vogelwelt ergriffen.

 

Der Börmer Koog und das südöstlich angrenzende Niederungsgebiet der Sorge bilden einen geeigneten Lebensraum vor allem für Wiesenvögel, die diese offene Landschaft als Nahrungshabitat, Brut- und Rastplatz nutzen. Vogelarten wie die Uferschnepfe, der Kiebitz, die Bekassine, der Rotschenkel, der Große Brachvogel und die Feldlerche waren hier und sind heute noch ständige Gäste. Auch der Kampfläufer und der Wachtelkönig waren hier immer wieder zu beobachten.

 

In den 1970er-Jahren erfolgte – bedingt durch wirtschaftliche Zwänge – ein Strukturwandel in der Landwirtschaft, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Dieser hat zu Veränderungen in der Grünlandnutzung geführt und er hat damit die Lebensbedingungen unserer Wiesenvögel wesentlich beeinflusst.

 

Die Spaziergänge durch den Börmerkoog waren vor 80 Jahren von unvergesslichen Erlebnissen erfüllt: Die Feldlerche schraubte sich jubilierend in den Himmel, Kiebitze gaukelten von einer Seite auf die andere, stürzten sich blitzschnell in die Tiefe, um sich gleich danach wieder mit kräftigen Flügelschlägen empor zu wuchten. Schon zu Recht nannte man sie die „Meister aller Flugkünstler“.

 

Die Bekassine machte ihrem Namen Himmelsziege alle Ehre, wenn sie beim Abwärtsflug mit ihrem Gefieder ein meckerndes Geräusch von sich gab. Austernfischer, Uferschnepfe und Rotschenkel saßen abwartend aufeinem Weidezaunpfahl ganz in der Nähe ihrer Gelege, um den Brutpartner auf dem Nest rechtzeitig vor Eindringlingen zu warnen.

 

Im Jahre 1981 gab es noch zehn Brutpaare der Bekassine in unseren Wiesen und Weiden, so berichtet Holger Kuschert in seinem Buch Wiesenvögel in Schleswig-Holstein (1982). Heute ist die Art wie auch der Rotschenkel aus unserem Gemeindegebiet weitgehend verschwunden.

 

Der Graue Baron, wie die Wiesenweihe sehr treffend genannt wird, glitt mit seinen zu einem „V“ gestellten Flügeln Nahrung suchend über die Wiese. Hoch am Himmel kreisten Bussarde, und zwischen den Kühen auf der Weide stolzierten Weißstörche, die sich blitzschnell einen Frosch oder eine Maus schnappten, um diese zu ihrem Horst in Bergenhusen oder Börm zu bringen. Fischreiher standen regungslos und geduldig wie alte Angler am Ufer, um einen Fisch zu erbeuten.

 

Auf den feuchten, grundwassernahen Weiden hatte sich die Sumpfdotterblume mit ihren goldgelb leuchtenden Blüten ausgebreitet.

 

In den Abendstunden meldete sich der Wachtelkönig mit seinem „Crex-crex“ aus dem Schilfgürtel am Schöpfwerk Börmer Koog. Und wenn man etwas Glück hatte, konnte man spielende und sich tummelnde Fischotter beobachten, die sich bei Annäherung flink in die nahe Sorge gleiten ließen. Der Fischotter galt damals noch als Nahrungskonkurrent des Menschen und wurde heftig verfolgt, sofern er nicht in den gesetzten Reusen einen qualvollen Tod fand.

 

Auch die Fischbestände in den Gewässern der Alten Sorge, der Ringschlote oder des Mühlenschlotes waren so reich, dass für einige Börmer die Flussfischerei von Bedeutung war. Es war kein Anglerlatein, wenn die alten Einwohner unserer Gemeinde erzählten, dass sie körbeweise Aale aus ihren Reusen holten. Auch kapitale Hechte wurden „geschnürt“, so nannte sich eine damals übliche Fangmethode. Dabei wurde der unter dem Ufer ruhende Hecht mit einer Schlinge aus Pferdehaaren vorsichtig hinter den Kiemendeckeln gefesselt und aus dem Wasser gezogen.

 

Auch der Schlei, der Karpfen und der Flussbarsch gehörten zu den begehrten und reichlich vorhandenen Speisefischen unserer Gewässer.

 

Wandern wir heute durch den Börmer Koog und die Grünflächen an der Alten Sorge, so fällt uns ein deutlicher Artenverlust auf – es ist ruhig geworden.

 

„Zweck dieses Schutzgebietes“, so schreibt E. Springer im Landschaftsplan Börm, „soll der Schutz der Lebens- und Zufluchtstätten besonders gefährdeter Tierarten im Bereich der Alten Sorge zwischen Wassermühle im Norden und Fünfmühlen im Süden sein.“ Die besonders gefährdete Tierart war hier die Wiesenweihe.

 

Ziel der Bemühungen des Naturschutzvereins war es, den Lebensraum Sorgeschleife mit dem Börmer Koog zu vernetzen. Durchgehende Schilfbestände sollten die Artenwanderung über den Bereich des Schöpfwerkes hinaus in den Koog verbessern. Hier finden wir die ökologisch wertvollstenLebensräume, die in ihrer Bedeutung nur mit den Teichen und Bruchwäldern an der Mergelkuhle zu vergleichen sind.

 

Die regelmäßigen Beobachtungen und Zählungen der Wiesenvögel brachten bittere Erkenntnisse: So hat sich z. B. der Kiebitz teilweise aus dem Grünland auf Geeststandorte verzogen, um auf den angrenzenden Maisfeldern einen Ausweichbrutraum zu finden. Hier ist er geschützt vor der ersten Mahd zur Silagegewinnung, aber auch gefährdet, denn meist beginnt er mit der Brut noch vor der Einsaat. Dann besteht für einen Bruterfolg nur eine geringe Chance.

 

Waren es vor Jahrzehnten noch ganze Brutkolonien mit vielen Hundert Individuen, die im Grünland des Börmer Kooges ihre Jungen ausbrüteten, so können heute in diesem Untersuchungsgebiet nur noch wenige Brutpaare beobachtet werden. Im Koog konnten im Jahre 2009 noch 72 Kiebitzreviere und 73 Gelege nachgewiesen werden.

 

Ein besonderes Naturschauspiel bietet sich, wenn – meistens ab Januar – die Zwergschwäne in kleinen und größeren Trupps in den Börmer Koog einfallen. Die Schwäne verweilen hier, weil sie hier einerseits Gräser als Nahrung finden und andererseits auf den Gewässern ungestört die Nacht verbringen können. Nach den Beobachtungen von Kai-Michael Thomsen, einem Mitarbeiter des Michael-Otto-Instituts in Bergenhusen, „halten sich im März zeitweise mehrere Tausend Vögel in der Region auf, das sind etwa 10 % des Gesamtbestandes des Zwergschwans“.

 

Das Trompeten der Zwergschwäne erfüllt den Börmer Koog bis spät in die Nacht hinein, bis sie flügelschlagend und laut platschend auf der Sorge einfallen, um hier ihr sicheres Nachtquartier einzunehmen.

 

Neben dem Wiesenvogelschutz hat sich der Naturschutzverein seit Beginn seiner Arbeit bis heute auch der Verbesserung der Lebensbedingungen

 

Wurden anfangs noch Nistkästen im Eigenbau hergestellt und aufgehängt, so hat man seit 2003 Nisthilfen aus Holzbeton erworben. Neben den üblichen Meisen- und Starenkästen konnten nun auch Nisthilfen für Halbhöhlenbrüter sowie Rauch- und Mehlschwalben aufgehängt werden. Zudem wurden Fledermaus unserer heimischen Singvögel gewidmet.- und Insektenkästen angeschafft und den interessierten Mitgliedern des Naturschutzvereins zur Verfügung gestellt.

 

Der Erfolg dieser Maßnahme zeigte uns, dass hier ein besonderer Bedarf bestand, denn unsere Dörfer sind arm geworden an natürlichen Nistplätzen. Schuld daran ist der technische Fortschritt auf dem Gebiet der Bautechnik. Hinzu kommt der Verlust an alten Gebäuden, Reetdachhäusern, Schuppen und Scheunen.

 

Auch der Amphibienschutz war seit 1985 eine wichtige Aufgabe, die sich der Naturschutzverein gestellt hat. An der Landstraße zwischen dem Betrieb Wüstenberg und der einstigen Gastwirtschaft Jöns, dort, wo der Neubörmgraben die Straße unterquert, bestand ein reger Krötenwechsel, denn nicht alle Amphibien fanden den Weg durch die Verrohrung zu ihren Laichplätzen im Börmer Koog jenseits der Straße. Aus diesem Grund wurden Krötenzäune mit Auffangeimern errichtet. Diese wurden täglich kontrolliert und die Eimer in den Tümpeln des angrenzenden Erlengehölzes entleert. Dabei wurden mehrere Hundert Frösche und Kröten vor dem sicheren Straßentod bewahrt. Im Frühjahr 1985 waren es z. B. über 400 Individuen.

 

Ende der 1990er-Jahre musste diese Maßnahme dort eingestellt werden. Der Grund dafür war ein drastischer Bestandsrückgang von Kröten, Gras- und Wasserfröschen bis auf wenige Exemplare, die den Aufwand zur Anlage der Krötenzäune und deren tägliche Kontrolle nicht mehr rechtfertigten. Der Zaun wurde im Jahr 2000 am Meerweg neu aufgestellt, als dort eine rege Laichplatzwanderung bemerkt wurde. Auch heute noch werden über 200 Frösche und Kröten pro Jahr über die Straße gesetzt.

 

Auch wenn es eventuell überregionale Gründe gibt, kann dennoch versucht werden, den Rückgang durch ein bestmögliches Angebot an Lebensraum zu stoppen. Aus diesem Grund hat der Verein auch ein neues Kleingewässer an der Dreizehn angelegt.

 

Heike Jeromin/Uwe Nagel